12 von 12 Dezember 2025 – Rosenkohl am Strunk und andere Selbstverständlichkeiten

Heißer Ofen im Cafe Mieze

Wenn kein Termin ansteht, gehe ich vormittags mit meinem Mann in ein Café.
Wir haben für verschiedene Tage unterschiedliche Bedürfnisse und Cafés, die alle in der Nähe sind.
Heute waren wir im Café Mieze. Es ist ein Café mit Möbeln aus den 50er-Jahren.
Es gibt leckeren Ingwer-Zitronen-Tee, und ich sitze gerne neben dem warmen Ofen.
Das Café ist in einer alten Tankstelle / Werkstatt und kühlt ohne den Ofen schnell aus.

Der warme Ofen im Café Mieze

Wir nutzen das als unsere Paarzeit, in der Themen, die anstehen, besprochen werden.
Ein schönes Ritual für uns.
In dem Café gibt es auch wechselnde Kunstausstellungen. Naja, das ist Geschmackssache.
Aber die Bilder wechseln in bestimmten Abständen, sodass man immer wieder Neues sieht.
Diesmal erinnert mich der Stil etwas an Frida Kahlo. Zumindest ist es genauso bunt.

Eine orange Lampe und Bilder an der Wand

Im Vorraum gibt es Orangen und Mandarinen aus Portugal zu kaufen.
Oft habe ich hier schon etwas mitgenommen.
Nur dieses Jahr kommen aus so vielen Seiten Orangen und Mandarinen auf mich zu,
dass ich einteilen muss, wo ich jetzt was brauche.
Ich liebe Clementinen und Mandarinen, besonders lecker finde ich sie,
wenn sie direkt aus dem Land kommen.

Orangen und Mandarinen zum Verkauf

So habe ich zwei Quellen im südlichen Italien, diese hier im Café ist aus Portugal
und ein weiterer Versand kommt aus Spanien.
Ich finde auch die Konzepte gut.
Man unterstützt die Bauern vor Ort und kann z. B. durch den Kauf eines Orangenbaumes
dem Landwirt die Sicherheit geben, dass seine Orangen abgenommen werden.
Und ich habe den Vorteil von frisch geernteten Orangen,
die ganz anders schmecken als die aus dem Supermarkt.

Auf dem Heimweg musste ich noch schnell in der Bücherei vorbei. Bücher abgeben.
Ich atmete auf. Eine nette Frau saß da.
Ja, sie sind tatsächlich alle nett.
Aber wie umständlich Arbeiten gehen kann, habe ich in dieser Bücherei das erste Mal erlebt.

Mein Bücherkorb für den Weg in die Bücherei

Wenn man die Ruhe hat, ist es faszinierend zu sehen,
wie langsam und umständlich man arbeiten kann.
Wenn ich Zeit habe, sitze ich oft daneben und beobachte:
Wie macht die Frau das?
Ich habe es noch nicht herausgefunden.

Heute jedenfalls war ich froh,
dass eine da war, die das in sehr kurzer Zeit erledigt hat.
Vor der langsamen sitze ich oft und denke darüber nach,
wie man so langsam sein kann
und ob es eine Möglichkeit gibt, dass so jemand schneller wird.

Das habe ich zu Beginn gedacht.
Inzwischen müsste die Frau die Abläufe längst intus haben.
Aber sie haben sich null beschleunigt.
Da das Ganze auf freiwilliger Basis stattfindet
und ich froh bin über diese Außenstelle,
staune ich weiter, sage nichts
und freue mich – wie heute – wenn mal eine lebhafte Person da ist.
Das andere ist Studieren der Langsamkeit.

Im Moment läuft mein Advent der Klarheit.
Ein Adventskalender mit einem Mandala und einem Tagesimpuls.
Das heutige Mandala und der Text dazu haben mich einiges an Überlegungen gekostet.
Ich spüre deutlich, dass dem Mandala an einer Stelle die Farbe fehlt.

Das Mandala aus dem heutigen Tagesimpuls – mit fehlender Farbe in der Blüte

Andererseits nahm ich es genau deshalb verbunden mit dem Text,
sich selbst zu akzeptieren und sich selbst zu loben im Sinne von
„gut gemacht“.
Und ja, wir machen eben nicht alles immer perfekt.

Interessant, dass ich gerade heute, an dem Tag,
an dem ich überlegt hatte, den Menschen Irritation zuzumuten,
Rückmeldungen erhalten habe.
Das ist schon besonders, dass sich mehrere meldeten.
Ich habe gemerkt, manchen fällt es nicht einmal auf,
dass da Farbe fehlt.
Hast Du es gemerkt?

Zu Hause schien gerade die Sonne.
Das ist zur Zeit selten.
Ich stieg aus dem Auto aus und merkte,
dass unsere Steinmauer schön bewachsen ist.
Bei uns ist wenig ordentlich,
sondern vieles darf wachsen.

So sind auch die Steine an dem Mäuerchen bewachsen.
Das Foto von dem glitzernden Gras ist leider nichts geworden.
Es war schön zu sehen,
wie an den feinen grünen Grashalmen Tropfen
wie kleine Leuchtquellen in der Sonne schienen.
Aber gut, dann ist es mehr für mich als für andere.

Efeu und Moos auf dem Mäuerchen

Der kleine Zwerg hingegen …
ich mag ihn einfach.
So kitschig, wie man Zwerge finden kann –
bei mir steht er auf der Terrasse
und er und ich erleben die Jahreszeiten.

Der kleine Zwerg

Gegen Nachmittag zog mich die Sonne noch einmal raus.
Hier, wo ich wohne, ist es leicht mal kalt, trüb oder nebelig.
Die Sonne lud mich ein, „auf den nächsten Berg“ zu gehen
und von dort aus einen schönen Rundblick zu haben.

Blick über die Felder mit dem Funkturm im Hintergrund

Ich mag das.
Auch wenn man es nicht sehen kann,
ich erkenne die Besonderheiten dieses Ortes hier.
Der Funkturm und weiter links die Mammutbäume.
Sie erinnern mich daran,
dass ich dort im Sommer mit dem Rad durch den Wald fahre.
Jetzt gehe ich raus ins Freie –
eben weil da etwas Sonne ist.

Wir essen vor allem Bio-Gemüse.
Nicht von einem Bauern, sondern von drei Bauern.
Jeder hat etwas Eigenes, Besonderes,
und ich wähle immer genau aus.

Der Bauernhof am Abend

Heute holten wir bei einem jungen Mann
vor allem unsere Kürbisse und Kartoffeln.
Er hat sich nebenher selbstständig gemacht.
Das Gemüse ist recht teuer,
aber ich sehe es als Investition in den jungen Mann und seine Zukunft.
Ich bin begeistert, mit wie viel Hingabe er es macht.

Er hat gerade seine „Bäuerin“ kennengelernt.
Nebenbei also noch Nettes zum Erleben.
Und ich muss sagen:
Es hat schon eine besondere Qualität,
Kartoffeln von nahe unserem Haus zu bekommen.

Rosenkohl am Strunk und blauer Spitzkohl, darunter weitere Formen

Er schenkte uns heute auch eine Schale zu Weihnachten.
Diese Schale hat ein anderer Biobauer hergestellt.
Sie ist aus Lehm aus unserer Region.
Die Schale ist keine Schönheit, nichts Modernes.
Aber sehr erdig – und eben genau von hier.
Das macht sie für mich wertvoll.

Es ist immer wieder faszinierend,
dass es auch beim Gemüse Überraschungen geben kann.
Letzte Woche überraschte mich der junge Mann mit Pak Choi,
von dem ich nicht wusste, dass er hier auch wächst.
Und diese Woche gab es einen blauen Spitzkohl.
Und den Rosenkohl kann ich als Röschen haben oder am Strunk.
Wir lieben es, den Rosenkohl am Strunk zu kaufen.
Ich mache ihn gerne selbst ab –
und günstiger ist er dann auch noch als die Röschen.

Wir sind extra etwas später gefahren.
Manchmal gibt es abends noch ein Lagerfeuer.
Heute gab es nur Abendrot.
Aber das macht die kleine Strecke zum Genuss.

Abendstimmung mit Blick auf den Schönbuch

Auf dem Heimweg sind wir an unserem Weihnachtsbaum vorbeigekommen.
Der hat auch eine nette Geschichte.
Wegen der Geschichte finde ich es schön,
was daraus entstanden ist,
und rege mich nicht über die viele Beleuchtung auf,
sondern staune, wie ein Brauch wachsen kann.

Vor, ich schätze mittlerweile, ca. 20 Jahren
hatte die Tochter eines Elektrikers ihren 18. Geburtstag.
Der Vater kam auf die Idee,
ihr einen großen geschmückten Weihnachtsbaum zu schenken.
Der Baum stand am Haus
und war eine riesige Fichte,
die er mit einem Kran schmücken ließ.

Das war so besonders und so weit zu sehen,
dass unser kleiner Teilort
plötzlich in Stuttgart in der Zeitung erwähnt wurde,
weil die Fichte wohl extrem groß war
und damit einige Rekorde schlug.

In der Folge kamen Leute aus der Umgebung,
um den Baum anzusehen.
Da musste man dann doch noch etwas dazu anbieten.
Nachbarn machten Pommes und Würstchen.
Im nächsten Jahr wurde zusammengelegt,
um die große Stromrechnung wieder bezahlen zu können,
weil alle es toll fanden,
so einen großen Weihnachtsbaum zu haben.

Der Weihnachtsbaum mit Beleuchtung

Aus dieser Sammlung wurde es möglich,
dass die Stromrechnungen bezahlt wurden.
Über den Würstchenverkauf
blieb irgendwann sogar Geld übrig,
das gespendet wurde.

Inzwischen ist der erste Baum leider eingegangen,
aber es wurde eine Ersatzfichte –
auch natürlichen Ursprungs – gefunden,
die jetzt am alten Schulhaus steht.

Abends im Advent
ist das ein großer Treffpunkt
für Chöre, Vereine und andere.
Und in der Folge dessen
ist bei uns die Ortseinfahrt
besonders reichhaltig geschmückt.

Ich freue mich immer wieder,
so „unseren“ großen Weihnachtsbaum zu sehen.
Und seit es LEDs gibt,
macht mir auch der Stromverbrauch weniger zu schaffen.

Ich darf in einem Ort
mit eigenem Weihnachtsbaum wohnen.

Andrea Sam
Kommunikationsberaterin

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2 Antworten

  1. Danke liebe Andrea.
    Es ist wirklich immer wieder schön für mich deine Texte zu lesen.
    Danke das du mich daran teilhaben lässt.
    In vielem erkenne ich mich wieder – im das schöne Sehen – das einfache – das Kleine – und sich über die einfachen Dinge im Leben freuen.
    Ich habe immer ein Lächeln im Gesicht wenn ich deine Zeilen lese und kann mich hinein fühlen und mich an die beschriebenen Orte denke.
    Einfach toll.
    Ich wünsche dir und deiner Familie gesegnete Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr.
    Danke
    Von Herzen Melanie

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