Manchmal verlässt man ein Gespräch und weiß nicht genau, was passiert ist.
Es wurde nichts Offensichtliches gesagt – und trotzdem fühlt man sich kleiner, angegriffen oder merkwürdig leer.
Solche Gespräche scheitern selten an Worten.
Sie scheitern an der inneren Haltung, mit der Menschen einander begegnen.
Mit welcher Haltung gehe ich ins Gespräch?
Wenn Menschen im Gespräch aufeinandertreffen, geschieht das nicht neutral.
Wir haben – meist unbewusst – eine Haltung zu uns selbst und eine Haltung zum Gegenüber.
Ganz schlicht gefragt:
Was denke oder fühle ich über mich selbst?
Was denke oder fühle ich über den anderen?
Die Transaktionsanalyse fasst das bewusst einfach.
Es gibt nur zwei Bewertungen: ok oder nicht ok.
Innerlich kann das heißen:
Ich bin ok – oder ich bin nicht ok.
Und zugleich:
Du bist ok – oder Du bist nicht ok.
Diese innere Haltung bleibt nicht im Kopf.
Sie zeigt sich in Tonfall, Körperhaltung, Blickkontakt und Präsenz.
Andere nehmen sie oft sehr schnell wahr – manchmal schneller, als wir selbst es merken.
Wie sich die Grundhaltung „Ich bin nicht ok“ konkret im Gespräch zeigt und warum sie Gespräche schwierig machen kann, habe ich in einem eigenen Artikel vertieft:
Warum Gespräche schwierig werden, wenn Du innerlich gegen Dich arbeitest.
Ein Modell aus der Kommunikationspsychologie, das solche inneren Positionen gut beschreiben kann, ist die Transaktionsanalyse.
Sie bietet eine klare, einfache Sprache für etwas, das wir alle aus Gesprächen kennen.
| Infobox: | |
| Für Menschen, die sich nach Gesprächen irritiert, klein oder angegriffen fühlen. Für alle, die verstehen wollen, was im Kontakt wirkt – jenseits von Worten. Und für diejenigen, die ihre eigene innere Haltung im Gespräch bewusster wahrnehmen möchten. |
Die vier Grundhaltungen einer Person
Wenn Menschen in Gespräche gehen, geschieht das nicht neutral.
Wir haben – oft unbewusst – eine innere Haltung zu uns selbst und eine Haltung zum Gegenüber.
Diese Haltung zeigt sich nicht nur in dem, was wir sagen.
Sie zeigt sich in Tonfall, Körperhaltung, Blickkontakt und Präsenz.
Im Folgenden werden vier grundlegende Haltungen beschrieben,
die eine einzelne Person im Kontakt einnehmen kann.
Ich bin nicht ok – Du bist ok
In dieser Haltung nehme ich den anderen wichtiger als mich selbst.
Mein Blick geht nach außen, auf den anderen.
Der andere erscheint kompetent, überlegen oder richtiger.
Ich selbst erlebe mich als weniger wichtig oder weniger berechtigt.
Diese Haltung zeigt sich häufig im Körper:
in Zurückhaltung, im Zögern, im Sich-Anpassen.
Oft geschieht das ganz automatisch.
Ich bin ok – Du bist nicht ok
In dieser Haltung werte ich den anderen innerlich ab.
Auch das muss nicht offen ausgesprochen werden.
Der Blick auf den anderen ist überheblich, besserwisserisch oder abschätzend –
auf so viel „Unwissenheit“ oder „Dummheit“.
Die Haltung ist oft gönnerhaft:
Der andere blickt es einfach nicht.
Ich bin nicht ok – Du bist nicht ok
In dieser Haltung fühlt sich weder mein eigener Standpunkt
noch der des anderen tragfähig an.
Ich erlebe mich selbst als nicht richtig –
und den anderen ebenfalls.
Es fehlt Kraft, Hoffnung und Richtung.
Die Grundstimmung ist schwer.
Häufig entsteht Rückzug, Stillstand oder ein Gefühl von Leere.
Nicht zwingend laut – eher zäh oder resigniert.
Ich bin ok – Du bist ok
Diese Haltung beschreibt eine Grundhaltung der Akzeptanz
und des So-sein-Lassens.
Auch wenn ich nicht einverstanden bin,
auch wenn ich die Meinung des anderen nicht teile,
akzeptiere ich den Menschen.
Ich gehe davon aus,
dass der andere seinen Grund für diese Meinung hat –
selbst wenn ich ihn nicht kenne oder nicht teile.
Diese Haltung ist kein Dauerzustand
und kein moralischer Anspruch.
Sie ist eine Orientierung.
| Grundhaltungen: |
| Ich bin nicht ok – Du bist ok ich bin ok, – Du bist nicht ok ich bin nicht ok – Du bist nicht ok ich bin ok, – Du bist ok |
| Ein wichtiger Hinweis zur Einordnung | |
| Die hier beschriebenen Grundhaltungen sind keine festen Zustände. In realen Gesprächen wechseln wir oft innerhalb von Sekunden zwischen ihnen – manchmal unbemerkt, manchmal erst im Nachhinein spürbar. Dieses Modell beschreibt daher keine Gesprächsrealität in Zeitlupe, sondern hilft, innere Positionen im Rückblick oder in der Selbstbeobachtung zu erkennen und einzuordnen. |
Wenn Haltungen aufeinandertreffen
Im Gespräch bleiben diese Haltungen nicht bei einer Person.
Sie treffen aufeinander.
Zwei Menschen bringen jeweils ihre innere Haltung mit –
und daraus entsteht eine Dynamik,
die mehr ist als die Summe der Einzelhaltungen.
Zur Vereinfachung schauen wir im Folgenden auf typische Begegnungen,
auch wenn wir wissen,
dass sich diese Konstellationen im Gespräch schnell verändern,
überlagern oder kippen können.
Theoretisch ergeben sich aus vier Grundhaltungen 16 mögliche Konstellationen.
Hier geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um typische, wirksame Begegnungen.
| Ich bin nicht ok Du bist ok | Ich bin ok Du bist nicht ok | Ich bin nicht ok Du bist nicht ok | Ich bin ok Du bist ok | |
|---|---|---|---|---|
| Ich bin nicht ok Du bist ok | 1 | 2 | 3 | 4 |
| Ich bin ok Du bist nicht ok | 5 | 6 | 7 | 8 |
| Ich bin nicht ok Du bist nicht ok | 9 | 10 | 11 | 12 |
| Ich bin ok Du bist ok | 13 | 14 | 15 | 16 |
Wenn zwei Menschen mit ihren Haltungen aufeinandertreffen
Theoretisch ergeben sich aus vier Grundhaltungen 16 mögliche Konstellationen.
Diese Tabelle dient der Orientierung.
(Hier kommt Deine Tabelle hinein.)
Im Folgenden geht es nicht um Vollständigkeit,
sondern um einige typische, wirksame Begegnungen.
Ich bin nicht ok – Du bist ok trifft auf Ich bin nicht ok – Du bist ok
In dieser Konstellation nimmt jeder den anderen wichtiger als sich selbst.
Beide schauen auf den anderen.
Der andere wird überhöht, anerkannt, wichtig genommen.
Das Paradoxe ist:
Der andere kann diese Aufwertung nicht annehmen,
weil er selbst davon überzeugt ist, nicht ok zu sein.
So entsteht ein Gespräch, das sich zu Beginn noch nett anfühlen kann.
Mit der Zeit wird es jedoch sinnlos.
Nichts kommt wirklich an.
Das Gespräch entgleitet – leise, ohne offenen Konflikt.
Ich bin ok – Du bist nicht ok trifft auf Ich bin ok – Du bist nicht ok
Diese Gespräche sind geprägt von Überheblichkeit und Besserwisserei.
Der Blick auf den anderen ist abschätzig.
Es wird nicht wirklich zugehört –
nicht aus Unachtsamkeit,
sondern weil innerlich längst feststeht,
wer recht hat – und wer nicht.
Ich bin nicht ok – Du bist nicht ok trifft auf Ich bin nicht ok – Du bist nicht ok
Die Grundstimmung dieser Konstellation ist sehr heftig.
Man könnte sagen: gemeinsam in den Abgrund.
Man kann ja eh nichts machen.
Und du kannst ja auch nichts machen.
Alles ist schlimm.
Und selbst mögliche Auswege wirken absurd oder lächerlich.
Manchmal kippt das in schwarzen Humor:
Nicht einmal das „sich da rausziehen“ scheint zu gelingen –
weil man nicht einmal die Knoten für das eigene Seil richtig findet.
Ich bin ok – Du bist ok trifft auf Ich bin ok – Du bist ok
Diese Begegnung ist geprägt von Akzeptanz
und gegenseitiger Anerkennung.
Unterschiede dürfen bestehen,
ohne den Menschen infrage zu stellen.
Auch diese Konstellation ist kein Dauerzustand,
sondern eine Momentaufnahme.
Ich bin nicht ok – Du bist ok trifft auf Ich bin ok – Du bist nicht ok
Diese Konstellation ist oft lange stabil.
Die Rollen sind klar verteilt.
Gerade diese Klarheit macht sie tragfähig.
Es gibt wenig Reibung, wenig offenen Konflikt.
Schwierig wird es,
wenn derjenige, der bisher innerlich gedacht hat
Ich bin nicht ok,
anfängt zu zweifeln.
Warum sollte ich eigentlich nicht ok sein?
Vielleicht bin ich nicht falsch – sondern anders.
In diesem Moment gerät das bisher stabile Gefüge ins Wanken.
Was vorher eindeutig war, wird unscharf.
Die vertraute Ordnung bricht auf.
Überblick und Ausblick
Die hier beschriebenen Grundhaltungen und Konstellationen
erklären, warum Gespräche sich oft so anfühlen,
wie sie sich anfühlen.
Sie sagen jedoch noch nichts darüber,
wie man mit diesen Dynamiken umgehen kann –
ohne sich selbst zu verlieren
oder den anderen zu entwerten.
Genau darum geht es in den folgenden Artikeln.
Dort wird es darum gehen,
wie man in diesen Konstellationen handlungsfähig bleibt,
Grenzen wahrt
und Gespräche wieder klarer und tragfähiger gestalten kann.