Eine Blog-Kollegin, Sadhana, fragte mich, ob ich nicht bei ihrem Blogaufruf etwas schreiben will. Da musste ich überlegen. Wir haben zwei Gärten. Einen direkt ums Haus, einen anderen ca. 1 km entfernt. Ja, aber was hat Garten mit Kommunikation zu tun? Genau darum geht es in diesem Artikel.
Kommunikation mit Menschen, Tieren und Pflanzen
Die Kommunikation mit den Menschen ist am schwierigsten – schon bevor sie beginnt. Unsere Gärten provozieren. Einfach dadurch, wie wir sind, wie wir denken, wie wir gestalten.
Wir – mein Mann und ich – haben darüber viele Diskussionen (die ich hier nicht im Detail ausbreite). Ich bin anpassungsfähiger, sehe schneller, was auf andere wirkt. Er sagt nur: Unser Garten, unser Reich. Wem’s nicht passt, der soll wegsehen.
Wachsen lassen als Haltung
Die Grundprinzipien unserer Gärten sind, dass wir alles wachsen lassen, was kommt, möglichst wenig eingreifen. Nur immer wieder an den Grenzen die Büsche zurückschneiden.
Den Hausgarten gibt es jetzt seit 1989. Damals war alles frisch gepflanzt, niedrig. Die Sonne bruzzelte in den Garten, jeder konnte hineinsehen. Inzwischen, nach 35 Jahren, ist alles zugewachsen. Zugewuchert. Es gibt so gut wie keinen Platz mehr für Gemüse, die Bäume und Büsche sind übergroß. Der Schatten im Sommer ist genial. Pflanzen kommen und gehen. Gemüse hatten wir einige Zeit. Inzwischen sind die Schnecken zu dominant, da auch um den Garten herum lauter Wiesen sind. Also pflanze ich Beerensträucher statt Gemüse.
Der zweite Garten – Fremdwahrnehmung und Verwilderung
Der andere Garten ist seit ca. 2000 in unserem Besitz. Er war zugewachsen, und wir mussten eine Fichte fällen lassen, da es zu gefährlich war, wenn ein Sturm kommt. Inzwischen ist auch hier alles zugewachsen. Erst neulich fanden wir ein Schreiben vor, ob unser Garten zum Verkauf steht. Ja, dieses Nicht-Eingreifen führt zum Eindruck der Verwahrlosung.
Und jetzt sind wir auch schon bei einem wichtigen Thema, über das wir uns viele Gedanken machen.
Haben Pflanzen Rechte?
Was sind Pflanzen? Sind das Lebewesen? Haben sie ein Recht, da zu wachsen, wo sie wachsen? Was sind wir Menschen, dass wir bestimmen, dass diese Pflanze hier nicht wachsen darf?
Habe ich das Recht, eine Pflanze abzuschneiden? Wenn ja, was ist der Unterschied zum Ausbuddeln?
Manche Fragen haben wir einfach beschlossen, sie nicht mehr zu stellen: Tut es den Pflanzen weh, wenn wir sie essen? Wir müssen essen, und ob der Bauer den Salat abschneidet oder ich den Spitzwegerich esse – das macht, solange ich essen muss, nur wenig Unterschied.
Antworten aus der Natur
Oft überlegen wir: Kommunizieren die Pflanzen mit uns? Im Rahmen meiner Naturspiegelungs-Ausbildung lernte ich, wie man mit Pflanzen kommuniziert. Man stellt eine Frage – der erste Gedanke, der einem in den Kopf kommt, ist die Antwort der Pflanze. Für mich ist das so. Auf manche Antworten wäre ich nicht gekommen. Manche klingen logisch.
So hat unser Apfelbaum sehr hohe Wassertriebe. Was tun? Abschneiden, lassen? Ich bin klar für Abschneiden, da sie meine Sicht behindern. Mein Mann befürchtet, dem Baum weh zu tun. Er sagt, wir schneiden an der Natur herum wie die Eltern, die an Kindern herumerziehen. Tu dies nicht, tu das nicht, mach’s so. Wir würden unsere Pflanzen wie Objekte behandeln. Es seien keine Objekte, sondern Lebewesen.
Tierbegegnungen mit Spiegelwirkung
Ja, und die Tiere. Immer wieder streifen Katzen durch den Garten – von verschiedenen Nachbarn, ich weiß nie genau, wo sie hingehören. Und ich merke: Manche Katzen mag ich, daran freue ich mich. Manche mag ich überhaupt nicht. Was ist das Besondere an den Katzen, die ich mag, und an denen, die mich aufregen? Immer wieder frage ich mich das, je nach Katze. Prinzipiell mag ich bestimmte Katzen gerne – die luchsähnlich aussehen oder schwarz sind.
Elstern, Spatzen und andere Besucher
Dann hatten wir auch viele Elstern. Ich hab ein Buch zum Nachlesen, was es bedeutet, wenn bestimmte Tiere auftauchen. Elstern sind da gaaaanz schlecht. Mein Mann meinte, was ich gegen die Elstern hätte. Naja, ich musste überlegen: Ich hatte etwas gegen die Symbolik. Nicht gegen die Elstern. Seitdem liegt das Buch in ner Ecke…
Elstern beobachte ich und staune, wie toll sie fliegen, wie groß sie sind, wann sie auftauchen und wie sie sich verhalten.
Das ganz Besondere an unserem Garten sind die Unmengen an Spatzen, die wir haben. Irgendwann sagte ich, dass ich Vögel füttern möchte. Die Diskussionen, ob es sinnvoll ist, Vögel zu füttern, könnt ihr Euch vorstellen. Ich sagte, ich will sie aus egoistischen Gründen füttern – nämlich deshalb, weil ich sie dann sehen kann. Seitdem füttern wir die Vögel in der kalten Jahreszeit.
Spatzen sind freundliche, lebendige Gesellen. Sie streiten sich witzig um die Futterplätze, baden in der Vogeltränke, verjagen sich – und fliegen dann wieder gemeinsam davon. Bei uns am Haus ist es laut: Die Vögel zwitschern fast ununterbrochen.
Im wilden Wein und Efeu finden sie Schlafplätze. Doch auch hier stellen sich Fragen: Wie weit darf ich schneiden, ohne ihnen den Raum zu nehmen?
Jeder Vogel ist anders
Wir haben auch wenige Meisen und Amseln. Die verhalten sich ganz anders. Die Meisen sind meist sehr aufgeregt und gehen schnell wieder weg. Die Amseln kommen ab und zu, sitzen lieber auf den höchsten Ästen und singen.
Dadurch, dass wir eine Weide dicht am Haus stehen haben, finden sich auch Tauben oder Spechte ein. Mein Mann sieht aus seinem Musikzimmer in den Baum und kann genau sagen, wer heute alles da war – und wie sich die Vogelarten verhalten.
Der Mäusebussard, der mein Herz berührte
Ein Mäusebussard kam eine Zeit lang immer wieder – er saß auf unserem Geländer, und ich hörte ihn oft schon, bevor ich ihn sah. Ich fand heraus: Er war von einer Familie am anderen Ortsende aufgezogen worden – deshalb war er so zutraulich.
Einmal setzte er sich in unsere herzförmige Vogeltränke – und badete. Dieser Moment war magisch.
Irgendwann kam er nicht mehr. Doch er hat bis heute einen Platz in meinem Herzen.
Die kleinen Überraschungen
Aufgrund unserer Weide, die dicht am Haus steht, kamen eines Tages eine Turmfalken Mutter mit ihren Jungen. Ich schaute aus dem Bad direkt in die Augen eines aufgeweckten Kleinen. Auch er berührt mich immer noch. Sie kamen nur ein paar Tage.
Ja, Igel kommen auch alle paar Jahre mal vorbei. Zu Beginn stand auch einmal ein Fuchs auf der Terrasse. Da hab ich gestaunt.
Am Tag, als unser erster Enkel geboren wurde, sahen wir eine große Schlange im Garten. Seitdem war das nicht mehr.
Der Weihnachtsbaum – eine stille Tradition
Das Problem, ob wir die Hecke schneiden oder nicht, löste sich vor Jahren automatisch. Es war Oktober, wir schnitten die Fichtenhecke bei ca. 1,80 m Höhe ab. Ich hielt ein kleines Tannenbäumchen in der Hand. Hm, Tannenbäumchen? Wenn wir die Bäume etwas länger wachsen lassen, dann können wir immer den oberen Teil abschneiden.
Seitdem holen wir unseren Weihnachtsbaum direkt aus der Fichtenhecke – am 24.12. wird der obere Teil eines Baumes abgeschnitten. Der untere darf weiterwachsen. Kein Schönheitswettbewerb, dafür echter Bezug.
Die Bäume dürfen bis Lichtmess stehen bleiben – oder bis sie sich verabschieden. Wenn sie nadeln, frage ich mich manchmal: Geht da eine Seele? Oder ist er einfach zu trocken?
Schlussgedanken: Was ist gepflegt?
Anhand von meinem Beitrag kannst Du sehen, wie viele Gedanken man sich um die Autonomie von Lebewesen machen kann. Eine allgemeingültige Antwort haben wir nicht. Aber wir studieren, überlegen. Da wirkt es oft banal, wenn andere sagen: Der Garten sei nicht gepflegt.
Andrea Sam, Kommunikationsberaterin und Coach – für gelingende Gespräche, klare Führung und persönliche Entwicklung.
Eine Antwort
Liebe Andrea,
ich mochte sehr, wie du an das Thema herangehst – erst die Frage in den Raum stellst und dann Schritt für Schritt zeigst, wie eng Garten und Kommunikation miteinander verwoben sind. Es wurde beim Lesen immer klarer: Wir sprechen die ganze Zeit – mit dem Garten, über den Garten, durch den Garten. Und der Garten spricht mit uns.
Besonders berührt hat mich dein Gedanke zu den Naturrechten – eine wichtige Frage, die uns alle angeht. Und wie du am Ende wieder zu den Nachbarn zurückkommst, zeigt nochmal wunderbar, wie sehr unsere Haltung den Blick auf den Garten bestimmt.
Gefeiert habe ich auch die beiden Fotos – der Turmfalke, grandios! Und beim Weihnachtsbaum musste ich so lachen. Danke für diesen inspirierenden Beitrag.
Herzliche Grüße
Sadhana