Ordnungen im Berufsalltag – und warum wir ohne sie ständig aneinander vorbeireden

Grün Braunes Mandala

Im Berufsalltag reden wir erstaunlich oft aneinander vorbei – und merken nicht einmal, warum.
Wir spüren nur, dass etwas nicht stimmt: Unruhe, Missverständnisse, kleine Sticheleien.
Dabei wirken im Hintergrund Ordnungen, die wir selten bewusst wahrnehmen – auf die unser Körper aber sofort reagiert.
In diesem Artikel zeige ich, welche Rollen und Ordnungen uns sortieren – und warum Klarheit entsteht, wenn wir sie verstehen.

Die tiefste Ordnung: das Alter

Wenn wir älter sind, haben wir bestimmte Dinge körperlich erlebt.
Sie sind in unserer Biografie abgespeichert.
Manchmal wissen wir noch genau, wo wir standen, was wir fühlten, als etwas passiert ist.

Das ist eine ganz andere Art von Wissen, als wenn man nur davon gehört hat oder einen Film dazu sieht.
Inneres Erleben ist umfassender, deutlicher und bleibt tiefer im Körper zurück.

Wer den Mord an John F. Kennedy miterlebt hat, spürt bis heute die Erschütterung.
Ich selbst kann eher sagen, wie sich die Mondlandung angefühlt hat oder die Wiedervereinigung.
Oder wie wir um die Jahrtausendwende Angst hatten, ob die Computer sauber umstellen würden – diese Mischung aus Technikglauben und Unsicherheit.

Diese Ereignisse prägen uns.
Sie wirken in uns weiter.
Und sie sind eine eigene Wissensquelle, unabhängig davon, wie es „objektiv“ war.

Deshalb ist das Alter die tiefste Ordnung.

Berufserfahrung

Jeder Beruf hat seinen Weg – wie man ihn lernt, was dazugehört, welche Erfahrungen man durchlaufen muss, um ihn wirklich zu verstehen.
Und jede Zeit bringt andere Lerninhalte mit:

  • Rechenschieber bedienen → bestimmte Generation
  • Taschenrechner → die nächste
  • digitale Tools → die heutige

Es geht nicht um ein „besser“ oder „schlechter“, sondern um:
Ich habe das gelernt. Ich bin schon lange dabei.

Selbst wenn Wissen veraltet ist, bleibt die Übersicht größer.
Und dann kommt die Frage:
Bin ich flexibel genug, um zu erkennen, dass eine neue Zeit angebrochen ist?

Nicht alles Neue ist besser.
Und vieles, was heute als neu verkauft wird, wurde schon mehrfach probiert und wieder verworfen.

Deshalb ist wichtig:
Was hat dieser Mensch gelernt?
Was ist sein Berufswissen?
Wie lange lebt er diesen Beruf?

Firmenzugehörigkeit – die unterschätzte Ordnung im System

Wer lange in einer Firma ist, trägt eine eigene Art Wissen in sich.
Nicht theoretisch, nicht aus Schulungen, sondern aus erlebten Jahren:

  • Was man gemeinsam durchgestanden hat.
  • Wie Krisen gelöst wurden.
  • Welche Entscheidungen weh getan haben.
  • Was getragen hat.
  • Wie mit Menschen umgegangen wurde.

Das alles prägt Verhalten, Denken und die innere Landkarte eines Teams.

Viele neue Führungskräfte sagen reflexhaft:
„Wir fangen neu an. Was früher war, spielt keine Rolle mehr.“
Gut gemeint – aber systemisch oft ein Totalschaden.
Denn das System folgt nicht dem Wunsch nach einem Neuanfang.
Es folgt der inneren Ordnung.

„Das Alte beruhigt sich erst, wenn es gesehen wurde.
Erst dann kann Neues wirklich kommen.“

Solange das Alte nicht gewürdigt ist,
bleibt es im Raum stehen wie ein unsichtbarer Widerstand —
und zeigt sich dann als „Widerstand“, „Sturheit“, „Weniger Motivation“
oder als dieses diffuse Gefühl, dass Menschen einfach nicht „mitgehen“.

Erst wenn die Geschichten gehört wurden,
wenn das Erlebte einen Platz bekommt,
entsteht innere Bereitschaft für Wandel.

👉 wenn Du tiefer eintauchen möchtest

Hier habe ich ausführlich beschrieben,
wie Teamheilung, Ordnung und Profitabilität zusammenhängen:

➡️ Teamheilung, Ordnung und Profitabilität

Position – wer trägt die Verantwortung?

Position bedeutet: Wer hat welche formelle Verantwortung?
Chefs stehen in der Position oben.
Sie entscheiden, sie tragen Verantwortung – nach innen und außen.

Aber eine Position allein sortiert nicht,
wenn der Mensch die anderen Ordnungen nicht sieht:

  • Alter
  • Berufserfahrung
  • Firmenzugehörigkeit

Ein Chef kann jung sein, neu sein, fachlich top sein –
aber wenn er diese Ebenen ignoriert, wird es schwierig, ihm zu folgen.
Nicht aus Trotz, sondern weil es innerlich nicht stimmt.

Gute Chefs:

  • hören zu
  • ordnen ein
  • entscheiden dann
  • und übernehmen Verantwortung

Schwierig wird es, wenn die Position überbetont wird („Ich bin der Chef“).
Genauso schwierig wird es, wenn die Position ignoriert wird („Ich will es allen recht machen“).

Führung heißt:
Hören – einordnen – entscheiden.
In dieser Reihenfolge.

Im Gespräch lohnt es sich immer zu fragen:
Entscheidet hier die Position – oder entscheidet die Erfahrung?
Oder das Firmenwissen?
Oder das Lebenswissen?

Beispiel 1: Der junge Mitarbeiter

Ein junger Mensch kommt in die Firma.
Mit der Tastatur aufgewachsen, technisch fit, schnell, kompetent.

Aber:

  • Lebenserfahrung: hinten
  • Berufserfahrung: hinten
  • Firmenwissen: ganz hinten

Viele Junge verwechseln „Ich kann etwas gut“ mit „Ich stehe oben“.
So funktioniert Ordnung nicht.

In Lebens- und Firmenthemen steht er unten.
In seinem Spezialgebiet darf er vorne stehen – aber nur dort.

Wenn er dem Älteren innerlich den würdevollen Platz gibt, läuft es.
Wenn er sich groß macht, kracht es.

Beispiel 2: Der junge Chef

Ein junger Chef kommt neu in die Firma.
Das Team ist seit 10, 20, 30 Jahren da.

Position: oben.
Alles andere: unten.

Das ist schwierig.
Da braucht es viel Wahrheit.

Der Chef muss zuhören:

  • Wie wurde das früher gemacht?
  • Welche Krisen gab es?
  • Was wurde schon probiert?
  • Was ist daran gescheitert?
  • Welche Erfahrungen bringen die Älteren mit?

Und er muss trotzdem entscheiden.
Es bleibt seine Aufgabe.

Aber er muss die Geschichten der anderen mit einbeziehen.
Und er darf nicht erwarten, dass das Team entscheidet –
denn das muss er tun.

Beispiel 3: Der ältere Neuling

Ein älterer Mitarbeiter kommt neu in die Firma.
Fachfremd.
Noch keine Berufserfahrung in diesem Bereich.
Kein Firmenwissen.

Er steht oben im Alter, aber unten in allem anderen.

Das bringt viele durcheinander, weil wir automatisch denken:
„Alt = erfahren“.
Stimmt – aber nur im Leben.
Nicht im neuen Job.
Nicht in diesem Unternehmen.

Diese Mischung irritiert Teams oft enorm.

Warum entstehen Konflikte?

Weil wir Ordnungen nicht beachten.
Wir denken, es liegt an Persönlichkeiten oder Meinungen.
Ich kann Dir aus Erfahrung sagen:
Es liegt sehr oft an der Ordnung, die nicht eingehalten wurde.

Wenn Du sehen möchtest, wie diese Ordnungen Gespräche verzerren und warum wir dabei oft nicht hören, was wirklich gemeint ist, findest Du meinen zweiten Teil hier:
➡️ https://www.andreasam.com/ordnungen-kommunikation/

Was sofort hilft:
Viele Konflikte entstehen nicht durch Meinungen, sondern durch verletzte Ordnungen. Unser Körpersystem reagiert darauf – oft schneller als unser Kopf.

Eine Frage bringt sofort Klarheit:
Wer spricht hier mit wem – und über welches Thema?

Lebenswissen → Älterer zuerst
Berufswissen → Erfahrener zuerst
Firmenwissen → Langgedienter zuerst
Entscheidungen → Der Chef zuerst

Wenn die Ordnung stimmt, wird Kommunikation klar, leicht und respektvoll.

Wenn Du beim Lesen gemerkt hast, dass in Dir etwas auf Resonanz gegangen ist –
dann lohnt sich ein Blick auf die tiefere Frage hinter all dem:

Wie ordne ich mich selbst im Gespräch?

Hier habe ich das genauer beschrieben:
👉 Kommunikation beginnt innen

Und wenn Du merkst, dass genau an diesen Ordnungspunkten Gespräche bei Dir oder in Deinem Team hängen –
dann lass uns hinschauen.
Ich begleite Menschen dabei, sich selbst im Gespräch zu erkennen,
damit Klarheit entsteht und Kommunikation wieder leicht wird.

→ Zu meinen Angeboten

Andrea Sam
Kommunikationsberaterin & Coach

Über die Autorin
Andrea Sam – Kommunikationsberaterin & Coach
Ich begleite Menschen dabei, Bewusstheit in ihre Kommunikation zu bringen – im Berufsalltag und darüber hinaus. Mit Klarheit, systemischem Blick und einem feinen Gespür für das Wesentliche. Für gelingende Gespräche, klare Führung und persönliche Entwicklung.

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