Einleitung: Warum dieses Thema wichtig ist
Wenn man sich mit Kommunikation beschäftigt, gehört das Modell der Ich- und Du-Botschaften fast automatisch dazu. Es gilt als Standard – und ja, es ist hilfreich. Aber in der Anwendung wird schnell klar:
So einfach ist es nicht.
Ich erlebe es anders.
In Gesprächen – und auch bei mir selbst.
Denn ich prüfe mich immer: Was hat das, was ich gerade sage oder denke, mit mir zu tun?
Das ist keine Übung mehr, sondern Gewohnheit.
Eine, die man lernen kann.
Und die viel verändert. Weil sie den Fokus verschiebt – weg vom anderen, hin zu mir selbst.
Denn:
An meiner Einstellung, meinen Gedanken, meinen Gefühlen kann ich arbeiten.
Und wenn ich das tue, verändert sich oft mehr, als ich je gedacht hätte.
Wenn ich stattdessen warte, dass der andere sich bewegt – passiert meist: nichts.
Ich bleibe in der Reaktion. Im Vorwurf. In der Ohnmacht.
Was meint man eigentlich mit Ich- und Du-Botschaften?
Ganz einfach gesagt:
- Du-Botschaften sagen dem anderen, was er tut – oder lassen ihn spüren, was er nicht richtig macht.
Sie wirken oft wie ein Vorwurf.
Zum Beispiel: „Du bist schon wieder zu spät.“ - Ich-Botschaften sprechen von mir. Von meiner Wahrnehmung, meinem Gefühl, meiner Reaktion.
Zum Beispiel: „Ich war verunsichert, als ich dich nicht gesehen habe.“
So weit, so klar.
Aber in der Praxis verschwimmen die Grenzen – und genau dort wird es interessant.
Was ist eigentlich eine echte Ich-Botschaft?
Viele Sätze, die mit „Ich“ beginnen, sind in Wirklichkeit versteckte Du-Botschaften.
Zum Beispiel:
„Ich finde, du bist oft unzuverlässig.“
Das klingt höflicher – ist aber inhaltlich genauso ein Urteil über den anderen.
Eine echte Ich-Botschaft geht anders.
Sie beginnt da, wo ich mich selbst wahrnehme – ehrlich, ungefiltert, ohne Ziel beim anderen.
Und genau das macht sie so selten.
Denn sie hat nichts mit Einflussnahme zu tun.
Sie ist kein Trick, um beim anderen etwas auszulösen.
Im Gegenteil:
Eine echte Ich-Botschaft interessiert den anderen womöglich gar nicht.
Sie ist kein Gesprächsangebot, sondern ein innerer Schritt.
Ein Klärungsprozess in mir.
Und genau den blockiere ich, wenn ich stattdessen über den anderen spreche.
Dann bleibt alles außen – und nichts verändert sich wirklich.
Ein Beispiel aus dem Alltag: Das Eis mit Sahne
Ein bewusst zugespitztes – aber leider alltägliches – Beispiel:
Wir sehen jemanden in der Eisdiele. Mit einem Eis. Sahne obendrauf.
Und im Kopf läuft sofort der Film: „Klar, kein Wunder, dass sie so aussieht.“
Was wir dann sagen – oder zumindest denken – sind Sätze wie:
- „Willst du das wirklich essen?“
- „Meinst du, das tut dir gut?“
- „Besser wäre doch ein Obstsalat.“
All das sind Du-Botschaften. Sie sprechen über den anderen, über dessen Verhalten, Aussehen, Entscheidungen. Aber sie sagen nichts über mich selbst.
Was wäre in dieser Situation eine echte Ich-Botschaft?
Zum Beispiel:
- „Ich merke, dass ich innerlich unruhig werde, wenn ich sehe, wie selbstverständlich du das Eis genießt. Ich glaube, ich habe gelernt, dass man das nicht darf – und das triggert etwas in mir.“
- „Ich merke, dass ich urteile – und das fühlt sich gar nicht gut an.“
- „Ich hätte auch gern ein Eis – traue mich aber nicht.“
Diese Sätze sprechen von mir.
Nicht als Taktik – sondern als ehrlicher Blick nach innen.
Und was ist, wenn es wirklich um mich geht?
Das Beispiel mit dem Eis zeigt:
Wir sind schnell mit Bewertungen – auch dort, wo uns etwas objektiv gar nichts angeht.
Aber was ist, wenn die Situation mich tatsächlich betrifft?
Wenn ich zum Beispiel das Gefühl habe, ich trage ein Projekt allein, während mein Kollege sich nicht beteiligt?
Dann geht es nicht nur um meine Wahrnehmung, sondern um konkrete Auswirkungen auf meine Arbeit. Und ich bin überzeugt:
„Ich mache alles – der andere macht nichts.“
Klassische Du-Botschaft:
„Du bringst dich überhaupt nicht ein – ich mache hier alles alleine!“
Die empfohlene Ich-Botschaft klingt erstmal besser:
„Ich fühle mich überfordert, wenn Aufgaben unausgesprochen an mir hängen bleiben. Ich wünsche mir, dass wir klarer aufteilen, wer was macht.“
Aber – Hand aufs Herz:
Weiß ich überhaupt, was der andere macht?
Vielleicht arbeitet er im Hintergrund. Vielleicht hat er das Projekt gar nicht als gemeinsame Aufgabe verstanden.
Vielleicht hat er sich nie zuständig gefühlt.
Und dann zeigt sich:
Auch diese Ich-Botschaft basiert auf Annahmen.
Der erste Schritt: Klärung – nicht Vorwurf
Wenn ich wirklich bei mir bleiben will, fängt es woanders an.
Zum Beispiel so:
„Wir haben ja dieses Projekt gemeinsam übernommen. Ich habe bisher X und Y gemacht. Ich frage mich gerade, wie du den Auftrag siehst – war für dich klar, dass wir das zusammen machen? Was ist dein Teil bisher – und könnte ich den irgendwo sehen?“
Oder:
„Mir ist dieses Projekt sehr wichtig. Ist es dir auch wichtig?“
Statt sofort in die Bewertung zu gehen, beginne ich mit einem Gespräch über das Projekt selbst – nicht über den anderen.
Denn oft zeigt sich:
Wir messen einer Sache eine ganz unterschiedliche Bedeutung bei.
Was für mich entscheidend ist, ist für den anderen ein Nebenprojekt.
Und das ist kein böser Wille – sondern einfach eine andere Realität.
Und was dann?
Wenn du feststellst: Der andere sieht das ganz anders als ich –
dann geht die Arbeit erst los.
- Ist das ein Einzelfall oder passiert das öfter?
- Habt ihr ähnliche Ziele?
- Passt ihr gut zusammen in der Zusammenarbeit?
- Und vielleicht sogar: Bist du am richtigen Platz?
Das sind keine bequemen Fragen. Aber sie führen dich zu dem, was du wirklich beeinflussen kannst:
deinen Handlungsspielraum.
Was du tun kannst – statt nur zu reagieren
Was mich an vielen Kommunikationssituationen stört, ist dieser Reflex:
Wir schauen auf den anderen. Er soll sich bewegen.
Aber die entscheidende Frage ist:
Was liegt in meinem Handlungsspielraum?
Selbst wenn der andere sich nicht bewegt –
was kann ich tun?
Welche Klarheit kann ich mir verschaffen?
Welche Entscheidung liegt bei mir?
Und ja:
Es kann sein, dass der andere dich hört, dich versteht – und sich bewegt.
Dann hast du viel erreicht.
Aber selbst wenn nicht:
Du bleibst handlungsfähig. Und klar.
Wenn du dich selbst in Gesprächen besser verstehen willst …
… dann begleite ich dich gern.
Nicht mit Tipps und Techniken, sondern mit Raum zum Hinspüren und Erkennen.
Denn oft merken wir:
Ich will klar sein – aber weiß nicht, was ich eigentlich sagen will.
Ich will verstanden werden – aber verstehe mich selbst nicht richtig.
Ich wünsche mir Verbindung – und lande doch wieder im alten Muster.
Wenn du das kennst, dann lohnt es sich, hinzusehen.
Nicht auf den anderen – sondern auf dich.
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