Mein bester und mein schlimmster Chef – Kommunikation mit Nebenwirkungen

Wie ein Blogparaden-Titel unbeabsichtigt Wirkung erzeugte

Ich habe eine Blogparade geplant.
Der Titel: „Mein bester und mein schlimmster Chef – was Führung mit uns macht.“
Ich wollte Menschen einladen, ihre Erfahrungen zu teilen. Persönlich, ehrlich, bewusst.
Keine Abrechnung, keine Bloßstellung – sondern Wirkung sichtbar machen.

Und was kam?
Gegenwind.

Keine Zustimmung, dafür eine Welle an Bedenken:
▶️ „Da könnte jemand klagen.“
▶️ „Was ist mit dem Datenschutz?“
▶️ „Das ist zu persönlich.“

Und das nur aufgrund eines Titels.
Mehr hatte ich gar nicht geteilt. Kein Text, keine Details – nur den Vorschlag:
„Mein bester und mein schlimmster Chef.“
Plus die Info, dass ich Kommunikationsberaterin bin.

Trotzdem: Die Reaktionen kamen schnell – und sie sagen viel.
Über unsere Angst vor Bewertung.
Unsere Scheu, über Führung zu sprechen.
Und darüber, wie viel ein einzelner Satz in uns auslösen kann.

Wir lernen es früh: folgen statt fragen

Vielleicht erklärt sich dieser Reflex aus unserer Biografie.
Schon in der Schule erleben wir: Lehrer:innen haben Macht.
Sie entscheiden über Noten, Zukunft, Wohlwollen – und oft auch über Scham.

Wir lernen:
🔸 Halte den Mund.
🔸 Pass dich an.
🔸 Stell dich nicht gegen Autorität.

Das prägt. Und wenn wir später im Arbeitsleben ankommen, haben viele von uns diesen Umgang mit Macht verinnerlicht.
Nur heißt die Autorität jetzt „Vorgesetzter“.
Und je nach Generation, Kontext und Kultur wird Führung sehr unterschiedlich hingenommen – oder nachgeahmt.

Und die Führungskräfte?

Auch sie handeln oft aus dem Ich heraus.
Aus Gewohnheit, Unsicherheit, Überforderung.
Viele haben kein Gespür für ihre Außenwirkung – sonst könnten sie manches gar nicht machen, ohne sich selbst zu schämen.

Ein Beispiel?
Ein Landrat, der bei einer internen Führungskräfte-Tagung seine 50 Führungskräfte über eine Stunde warten lässt,
weil er im Auto telefoniert – ohne ein Wort der Erklärung.

Er sagt nichts, lässt sich nicht entschuldigen, kündigt keine Verzögerung an.
Und damit sagt er viel:

„Ihr seid mir nicht wichtig.“
„Zusammenarbeit ist zweitrangig.“
„Meine Zeit zählt mehr als Eure.“

Mit dieser einen Geste kippt er die Veranstaltung.
Er beschädigt Beziehungen. Vertrauen.
Er untergräbt jede spätere Appell-Rede zu Loyalität oder Zusammenarbeit.
Und das alles – ohne ein einziges Wort.

Genau darum geht es

Ich will solche Geschichten nicht sammeln, um jemanden vorzuführen.
Sondern, um zu zeigen, wie sehr Führung wirkt.
Wie viel in kleinen Gesten steckt. In Tonfällen. In Schweigen.
Wie viele Menschen verletzt, verunsichert oder auch gestärkt wurden – einfach durch Haltung.

Es geht nicht um Schuld. Es geht um Wirkung.
Und um Verantwortung.
Denn: Führung bedeutet nicht nur Entscheidungen treffen.
Führung bedeutet, gesehen zu werden – und selbst zu sehen, was man auslöst.

Und wenn sich niemand beteiligt?

Ja, das kann sein.
Vielleicht ist der Titel zu klar. Vielleicht schreckt er ab. Vielleicht ist das Thema zu nah.

Ich habe darüber nachgedacht, den Titel zu ändern. Einen anderen Dreh zu wählen.
Einen weicheren Ton, der nicht so direkt ins Eingemachte geht.

Aber ich habe mich (in Absprache) entschieden, ihn stehen zu lassen – weil er etwas sichtbar macht.
Die Reaktionen auf diesen Titel sind Teil des Themas. Sie zeigen, wie groß die Angst vor Sichtbarkeit, Bewertung und Macht immer noch ist.

Und wenn sich niemand beteiligt?
Dann ist auch das eine Antwort.
Und vielleicht schreibe ich dann irgendwann einen Artikel darüber, was alles verhindert hat, dass Menschen ihre Geschichte erzählen.

Ich bleibe dran

Ich bleibe dran. An dem Thema. Und an der Frage: Wie wollen wir einander begegnen – wenn Verantwortung im Spiel ist?

Wenn Du etwas erlebt hast, das Du erzählen möchtest –
dann schreib mir.
Auch anonym. Auch als Märchen. Auch als Szene, die so oder ganz anders gewesen sein könnte.

Oder lies einfach mit.
Denn manchmal beginnt Veränderung damit, dass wir verstehen:
Es war nicht nur mein Gefühl. Es war Wirkung.

👉 Der offizielle Aufruf zur Blogparade erscheint in Kürze – ich verlinke ihn hier, sobald er online ist.

Andrea Sam Kommunikationsberaterin und Coach – für gelingende Gespräche, klare Führung und persönliche Entwicklung.

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